Die Stadt Oldenburg will ein Gartencenter erlauben und zeigt damit beispielhaft zweierlei: Wie man den städtischen Handel planmäßig zerstört und wie wenig Aufsehen die Großflächen am Stadtrand erwecken im Gegensatz zu Shopping-Centern mittendrin. Natürlich reichen die jetzt geplanten 13.000 bis 14.000 Quadratmeter nicht aus, um den Handel der Stadt mit ihren 160.000 Einwohnern zu zerstören – sie sind nur ein weiterer Schlag. So gab es viel vor knapp zehn Jahren riesigen Wirbel um ein ECE-Center, über das sich soviele Bürger ärgerten, dass der Oberbürgermeister abgewählt wurde. Der neue ließ es dann doch zu und schließlich eröffnete die Mall 2011 im Stadtzentrum, mit offiziell 12.500 Quadratmetern Verkaufsfläche, auch wenn es faktisch wohl mehr waren. Der Streit vermischte sich mit dem über einen Ikea, der dann schon 2007 eröffnete. Auch bei diesem muss man die Zahlen zweimal ansehen, denn der eigentliche Markt umfasste rund 27.000 Quadratmeter, aber ein Küchencenter und anderes durften weitere etwa 12.000 Quadratmeter umfassen. Darüber wurde dann schon weniger gesprochen, ebenso wenig wie über die Erweiterung des riesigen Famila-„Einkaufsland“-Komplexes am Westrand der Stadt, wo nahezu zeitgleich 6.000 Quadratmeter dazukamen.
Allein diese erwähnten Projekte summieren sich auf rund sechzigtausend zusätzliche Quadratmeter, was grob geschätzt um die 300 Millionen Euro Umsatz pro Jahr entspricht. Und die fehlen nun andernorts, in den Stadtvierteln und Handelsstraßen, und auch am schwächelnden Ende der Innenstadt. Dem schadet aktuell eine andere Entscheidung: 2015 darf der große Saturn-Medienmarkt von dort ins ECE-Center umziehen, was ursprünglich nie hätte sein dürfen, und plötzlich doch.
Vor dem Hintergrund all dieser Fehler muss man die aktuelle Entscheidung sehen, ein Gartencenter exakt am Stadtrand im Südosten zu genehmigen. Aber oh Wunder: ein Gutachten von Cima kommt zum Ergebnis, dass „weder in der Stadt noch außerhalb schädliche Auswirkungen“ zu erwarten seien, berichtet die Nordwest-Zeitung (NWZ). Wenn man die üblichen Umsätze von Gartencentern von 1.200 bis 2.000 Euro je Quadratmeter und Jahr annimmt, dürfte der neue Bau an die zwanzig Millionen Euro jährlich machen – und wo kommen die her? Werden etwa alle Menschen jetzt mehr Blumen und Erde kaufen als vorher? Nein, es wird auch den Gärtnern und Floristen in Oldenburg fehlen – und die hatten darum bereits 2008 gegen entsprechende Pläne heftig protestiert, schreibt die NWZ. Und sie bemerkt, wie „kurios“ es doch sei, dass das gleiche Gutachterbüro noch 2007 ein Einzelhandels-Entwicklungs-Konzept verfasst habe, „dass den Ausbau von Einzelstandorten“ ablehne.
Wenn es irgendwann keine kleine Gärtnerei und keinen Blumenladen „um die Ecke“ mehr gibt, dann wissen wir, woran das liegt.
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Zur Teekasse geht es auf diesen Wegen.
Dieses Schaffen von Überkapazitäten im Bereich Handel zeigt sich allerorten und scheint mit speziellen Förderinstrumenten zusammen zu hängen. Dazu der Glaube der politischen Akteure an den Weihnachtsmann.
Ähnliches beobachte ich im zusätzlichen Straßenbau, überdimensionierten Kreisverkehren, während die vorhandene Infrastruktur mangelnd gewartet wird und verfällt.
Monika Gottwald