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Neubau entwertet Sanierungen

Immobilien Zeitung Collage

Es ist kaum verlässlich zu sagen, wie hoch die Sanierungsquote in Deutschland ist, und ebenso knifflig sind korrekte Zahlen für Energieausweise – mit diesen Themen beschäftigten sich mehrere Artikel in der Immobilien Zeitung der ersten Februarwoche. Am Rande wurde erwähnt, dass die Energie zur Erstellung aller Neubauten, also zum Bauen selbst, in Berechnungen des Bundesbauministeriums gar nicht auftaucht. Effizienz wird erforscht, Suffizienz vernachlässigt – zu diesen Fragen erschien nun von mir unter dem Titel „Neubau entwertet Sanierungen“ ein Kommentar in der Immobilien Zeitung .

Überblick weiterer Texte von mir auf meiner Webseite.
Auf diesem Blog gibt es zum Thema Suffizienz zwei Berichte von Tagungen, und zwar unter dem Titel Weniger zum db-Suffizienzkongress, sowie zur Veranstaltung Mehr… durch weniger der Architektenkammer Rheinland-pfalz . Zu Suffizienzpolitik finden Sie eine Besprechung des Buches Damit gutes Leben einfacher wird von Angelika Zahrnt und Uwe Schneidewind.
Im Buch „Verbietet das Bauen!“ geht es in Kapitel 2 um scheinbar ökologisches Bauen, Kapitel 6 zeigt beispielhaft eine ganzheitliche Energiebilanz von Sanierung vs. Neubau, und Kapitel 9 widmet sich dem Umbauen – mehr dazu hier.

Umbau ohne Neubau

„Beim Wort „Umbau“ höre ich schon den Bagger“, sagte auf einer Tagung zu Umbaukultur Matthias Koch, der in Berlin das Gebäude der Klavierfirma Bechstein zum „Aufbauhaus“ umgewandelt hat. Er schilderte damit anschaulich die Befürchtung, dass sich hinter dem Wort Umbau der Neubau versteckt. In der Tat wurde von den Gastgebern der Tagung das Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus als beispielhafter Umbau bezeichnet, obwohl vom Altbau nur die Fassade stehen geblieben war – ein Neubau im alten Gewand, ein Fassadenschwindel. Man muss aufpassen, dass kein Wortschwindel dazukommt. Schließlich ist die Forderung „Verbietet das Bauen“ deswegen sinnvoll, weil mit „Bauen“ der Neubau gemeint ist, und der wünschenswerte Umbau darf kein verkappter Neubau sein. Darum sollte man hellhörig werden, wenn etwa von der „Anpassung ganzer Quartiere“ die Rede ist. Schönrednerei ist eine ungute Tradition: Die Abrissorgien der 1960er und 70er Jahre wurden als „Sanierung“ bezeichnet und waren in Wahrheit Kahlschlagsanierung.

Wieviel Umbau ist kein Neubau?
Wenn man aber tatsächlich mit Umbau meint, unsere Häuser zu pflegen, zu sanieren und behutsam umzubauen, dann tut sich ein breites Spektrum auf zwischen „Nichts tun“ und „Totalumbau wie neu“. Selbst ein schlichtes Wohnhaus der Nachkriegszeit Weiterlesen

Wahrheit beginnt zu zweit: Gespräch mit Muck Petzet

Hiermit startet auf dem Blog „Verbietet das Bauen“ die Gesprächsreihe „Wahrheit beginnt zu zweit“. Entsprechend dieser Formulierung des aus Oldenburg stammenden Philosophen Karl Jaspers diskutiert Daniel Fuhrhop mit Experten rund um den Stadtwandel darüber, warum bisher soviel gebaut wird, auf welche Weisen uns das schadet und wie wir es ändern können.

Den Auftakt macht ein Gespräch mit dem Architekten Muck Petzet, der bei der letzten Architektur-Biennale in Venedig den deutschen Beitrag kuratierte unter dem Motto „reduce, reuse, recycle“. Es geht darum, ob zwischen Umbau und Neubau überhaupt ein Unterschied besteht, ob sich auch ohne Neubau Geld verdienen lässt und wie man das Idealbild des Architekten als Schöpfer des Neuen durch zeitgemäße Umbau-Vorbilder ersetzen kann.


Als Download (Klick mit rechter Maustaste, je nach Browser „(Ziel/Link) Speichern unter“):
WB2 Petzet

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Warum das Bauen verboten werden sollte

Wer sich heute mit dem Stadtwandel beschäftigt, kennt bereits sein Leben lang die Diskussion um „Grenzen des Wachstums“: In den 1970er Jahren wurden die Begriffe geprägt, seit den 1980ern gehören Umweltziele zu den Leitlinien der Politik und spätestens seit der Jahrtausendwende hört man allerorten von Nachhaltigkeit. Trotzdem sind bei den Städten keine Wachstumsgrenzen zu erkennen. Es wird von manchen schon als Erfolg gesehen, wenn „nur noch“ 80 Hektar am Tag versiegelt werden. Das Bauen kennt scheinbar ebenfalls keine Grenzen, denn in Deutschland werden jährlich einige hunderttausend Quadratmeter Handelsfläche, mehrere Millionen Quadratmeter Büros und rund 200.000 Wohnungen neu gebaut; …und das sei zu wenig, heißt es vielfach. Dabei stagniert die Einwohnerzahl seit etwa zehn Jahren, also brauchen gleichviel Menschen Platz zum Wohnen, Einkaufen und Arbeiten wie Anfang des Jahrtausends. Diese Fakten zeigen, dass das Bauen nicht von echtem Bedarf herrührt.

Warum so viel gebaut wird
Aus Lobbyismus für ihre jeweilige Klientel wirbt eine große Koalition für das Bauen: Lokalpolitiker erhoffen sich Vorteile für ihre Kommune durch neue Gewerbeparks, Shopping-Center und Wohnsiedlungen, weil diese neue Steuerzahler anlocken sollen – Mieter hoffen durch Neubau auf sinkende Mieten im Altbau – Grüne befürworten zumindest das Bauen von Passivhäusern wegen deren vermeintlichen ökologischen Vorzügen. All das deckt sich mit den Interessen der Bau- und Immobilienwirtschaft. Mit drastischen Zahlen wird sogar eine Hysterie um Wohnungsmangel erzeugt.

Wulsdorf vor und nach der Sanierung

Selbst bescheidene Nachkriegsbauten, wie hier in Bremerhaven Wulsdorf, lassen sich sanieren. Wenn wir das konsequent tun, wird Neubau überflüssig.

So forderten der Deutsche Mieterbund, die Industriegewerkschaft Bau sowie Verbände des Baugewerbes mithilfe einer gemeinsam beauftragten Studie, in Deutschland in den nächsten fünf Jahren gleich 825.000 Wohnungen neu zu bauen. Weiterlesen