Wer sich heute mit dem Stadtwandel beschäftigt, kennt bereits sein Leben lang die Diskussion um „Grenzen des Wachstums“: In den 1970er Jahren wurden die Begriffe geprägt, seit den 1980ern gehören Umweltziele zu den Leitlinien der Politik und spätestens seit der Jahrtausendwende hört man allerorten von Nachhaltigkeit. Trotzdem sind bei den Städten keine Wachstumsgrenzen zu erkennen. Es wird von manchen schon als Erfolg gesehen, wenn „nur noch“ 80 Hektar am Tag versiegelt werden. Das Bauen kennt scheinbar ebenfalls keine Grenzen, denn in Deutschland werden jährlich einige hunderttausend Quadratmeter Handelsfläche, mehrere Millionen Quadratmeter Büros und rund 200.000 Wohnungen neu gebaut; …und das sei zu wenig, heißt es vielfach. Dabei stagniert die Einwohnerzahl seit etwa zehn Jahren, also brauchen gleichviel Menschen Platz zum Wohnen, Einkaufen und Arbeiten wie Anfang des Jahrtausends. Diese Fakten zeigen, dass das Bauen nicht von echtem Bedarf herrührt.
Warum so viel gebaut wird
Aus Lobbyismus für ihre jeweilige Klientel wirbt eine große Koalition für das Bauen: Lokalpolitiker erhoffen sich Vorteile für ihre Kommune durch neue Gewerbeparks, Shopping-Center und Wohnsiedlungen, weil diese neue Steuerzahler anlocken sollen – Mieter hoffen durch Neubau auf sinkende Mieten im Altbau – Grüne befürworten zumindest das Bauen von Passivhäusern wegen deren vermeintlichen ökologischen Vorzügen. All das deckt sich mit den Interessen der Bau- und Immobilienwirtschaft. Mit drastischen Zahlen wird sogar eine Hysterie um Wohnungsmangel erzeugt.
So forderten der Deutsche Mieterbund, die Industriegewerkschaft Bau sowie Verbände des Baugewerbes mithilfe einer gemeinsam beauftragten Studie, in Deutschland in den nächsten fünf Jahren gleich 825.000 Wohnungen neu zu bauen. Weiterlesen